Primisweiler

GEMEINDE SCHOMBURG

 

Der vormals Oestreichische und früher Montfortische Gemeindebezirk Schomburg liegt an der östlichen Gemeindegrenze gegen das Oberamt Wangen; mitten durch geht die untere Argen und die Landstraße von Tettnang nach Wangen; seine Lage ist hoch und bergig, Luft und Klima sind gesund, aber etwas rauh; er hat viele Waldungen, der Obstbau ist unbedeutend, der Feldbau dagegen gut. Die Gegend nähert sich schon dem Charakter des Allgäus. In dem Bezirk sind mehrere Seen und Weiher, die meisten um Primisweiler, die bereits 1912 ausersehen waren für ein Stauwerk der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW).

 

Wie in allen Dörfern des Allgäus und so auch hier, baute man nach alter Überlieferung in der bewährten Dreifelderwirtschaft Getreide, Hackfrucht und vor allem Flachs an. Die bedeutendste Umgestaltung der mehr als tausendjährigen, in Ackerbau und Viehzucht bestehende Landwirtschaft, war die Anfang des 19. Jahrh. aufkommende billige Baumwolle, die den Flachsanbau nahezu unrentabel machten. In der Folge kam auch die Spinnerei zum Erliegen. Das ortsübliche Handwerk war ebenfalls gut vertreten (Bäcker, Maurer, Metzger, Sattler, Schmiede, Schreiner, Wagner, Zimmerleute etc.) desgleichen Wirte und Kaufläden. Die Dörfer waren autark, bis das industrielle Zeitalter ab ca. 1850 mit seiner technischen Entwicklung ein Umdenken erforderte. Viele Bauern verloren ihre Existenzgrundlage und versuchten es mit Graswirtschaft, Viehhaltung und eigener Käseherstellung. Letzteres sicherte vielen Landwirten den Lebensunterhalt, da in fast jedem Weiler um 1900 eine Käsereigenossenschaft gegründet wurde.

 

Quellenverzeichnis:

Primisweiler – mehr erfahren – Luftaufnahme 1974: Karl-Heinz Gebhard

Panoramabild Primisweiler 1925 – Ansichtskartenverlag H. Mörsch Ulm/Donau

Oberamtsbeschreibungen Tettnang 1838/1915

 

Dieter Horn

PRIMISWEILER

PRIMISWEILER

In einer Urkunde aus dem Jahre 839 begegnet uns der Name Bruning und später auch der Ortsname Bruningswilaer. In ihm dürfen wir den Gründer dieses eben genannten Ortes vermuten, aus dem später im Laufe der Jahrhunderte um 1200 Birunswilare, 1307 Brüniswille, 1408 Brünischwiller, 1524 Breinischweiler, 1693 Brynnenschweiler und um 1730 Brimischweiler wurde. Im Jahre 1838 taucht dann Primenschweiler auf, was dem heutigen Ortsnamen Primisweiler schon ziemlich nahe kam.

Obwohl von einem Ortsadel in Primisweiler nichts bekannt ist, wird ein solcher 1172 erstmals erwähnt. Weiter erscheint im Jahre 1248 ein H.(einrich?) de Brvnigswiler (Abb. 1) als Zeuge bei der Beurkundung über einen Ankauf von Gütern in Ingoldingen und deren Stiftung an das Kloster Schussenried durch Schenk Konrad von Winterstetten. Konrad stammte aus der Adelsfamilie Waldburg-Tanne. Ob es sich bei den Herren von Brvnigswiler um einen Ortsadel handelte ist fraglich, denn das Vogtrecht lag zu dieser Zeit (1248), in den Händen der Herren von Scowenburc (Schomburg), weil diese die nächst gelegenen Adelsherren waren.

Westlich der Pfarrkirche, auf dem heutigen Dorfplatz, befand sich bis 1951 der Gasthof „Zum Adler“, welcher erstmals 1549 als Taverne zum „Weißen Windhund“ erwähnt wird und damals gleichzeitig als Gerichtshaus diente (Abb. 2). Es ist durchaus denkbar, dass an dieser Stelle und ganz in der Nähe zur Pfarrkirche, einst der 1092 erwähnte Maierhof des Klosters Mehrerau stand, und die „Edlen und Maier“ von Bruningswilare als Gutsverwalter mit ihm in Verbindung gebracht werden könnten.

Einen einheitlichen Schulunterricht oder gar eine Schulpflicht gab es unter den Grafen von Montfort nicht. Dort, wo Unterricht gegeben wurde, taten es die Geistlichen von sich aus freiwillig. Erst im Jahre 1802, jetzt unter österreichischer Herrschaft, wurden die „vorgeschriebenen Normalschulen“, auch Elementarschulen genannt, in Primisweiler und Haslach eingeführt. Das erste Schulhaus in Primisweiler erbaute die Gemeinde 1811 in unmittelbarer Nähe östlich der Kirche neben dem Friedhof. Eine neue Schule, heute das Kath. Gemeindehaus (Abb. 5), erhielt Primisweiler 1908, wobei die alte Schule wegen Baufälligkeit abgebrochen werden musste. Der freigewordene Platz diente später für die Friedhofserweiterung.

Primisweiler verfügte zu Beginn des 20. Jahrhunderts über eine Postagentur, Telegraph und Fernsprecher.

Die Anregung zum Hopfenanbau im Oberamt, besonders im Raum Tettnang, kam im Jahre 1844 und weitete sich bis nach Schomburg aus, wo um 1910 ca. 20 Pflanzer gezählt werden konnten. Mitte der 1970er Jahre wurde der Hopfenanbau hier ganz eingestellt. Bis vor wenigen Jahren erinnerte noch eine Hopfendarre auf dem Hof Vollmer an die Zeit des Hopfenanbaus in unserer Region (Abb. 7&8).

Im Jahre 1871 wurde für den Lehrer, und zugleich Mesner, ein neues Wohnhaus erstellt, das zwischen dem Hof Winkelmüller und dem ehemaligen Dorfladen Dillmann stand (Abb. 3). Wegen Verbreiterung der Fahrbahn (L 333) fiel das Gebäude 1973 der Spitzhacke zum Opfer.

Am 20. Februar 1900 führten Einwohner von Primisweiler und Umgebung vor dem ehemaligen Gasthof „Zum Adler“ den Schäfflertanz auf, der von dem in Kempten   geborenen Fotografen August von Zabuesnig (1864-1925) im Bild festgehalten wurde (Abb. 4). Zabuesnig zog 1899 nach Wangen und eröffnete dort eine „Photographische Kunstanstalt“.

Schon um 1900 wurde die Milch der Bauern von Primisweiler und Umgebung zu Limburger verarbeitet. Ein im Jahre 1914 gegründeter „Milchproduzentenverein“ beschloss ein neues Käsereilokal in der Tettnanger Straße zu bauen, das schon im Jahre 1915 in Betrieb genommen werden konnte (Abb. 6). Des ewig unsicheren „Backsteiners“ überdrüssig, vernahm man aus der Schweiz die Kunde von einem besonders haltbaren Hartkäse, dem Emmentaler. Mit dem Zusatz „Allgäuer“ stieg er zu einer der beliebtesten Käsesorten auf.

In der Ortsmitte, leider schon seit einigen Jahren nicht mehr mit Leben erfüllt, befindet sich das ehemalige Gasthaus „Neue Welt“ (Abb. 10). Das 1908 erbaute, eindrucksvolle Jugendstilgebäude ist der einzige Profanbau im Ort, der unter Denkmalschutz steht. Auch das ehemalige Schulgebäude, heute Kath. Gemeindehaus, datiert aus dieser Zeit.

Zwischen den Jahren 1926 und 1930 erfolgte der Bau einer Hochspannungsleitung des Großkraftwerks Württemberg AG (Growag) von Hoheneck (Ludwigsburg) bis zur südl. Landesgrenze (Lindau), die über die Gemarkung Primisweiler führt.

Ein sportliches Großereignis, das in Oberschwaben ein Novum darstellte und heute allerdings undenkbar wäre, fand Mitte Januar 1971 auf dem Mittelsee statt. Das 1. DMV Eis-Speedway-Rennen, vom Veranstalter mit 4000 bis 5000 Zuschauern optimistisch gerechnet, hatte am Ende 7000 Besucher. Auch das 2. Rennen im Jahre 1972 hatte einen ähnlichen Erfolg (Abb. 12).

Quellenverzeichnis:
Hauptstaatsarchiv Stuttgart Urkunde 1248 – Signatur B 505 U 744
Oberamtsbeschreibungen Tettnang (OAB 1838/1915)
Vorarlberger Landesarchiv Bregenz
Festschrift Musikkapelle Primisweiler 1965
Festschrift Allgäu-Milchwerk Neuravensburg 1980
WMSC Eis-Speedway-Rennen 1971 – Foto: Karl-Heinz Gebhard
Abb. 8 - Foto: Dieter Horn
 

HILTENSWEILER

HILTENSWEILER

Besonders sehenswert sind hier die zwischen 1100 und 1150 erbaute Kapelle, die dem Hl. Konrad geweiht ist, und die überdachte Holzbrücke aus dem Jahre 1790 (Abb. 1 – 3). Erstmals urkundlich erwähnt wird der Ort im Jahre 1290 als Hildiswilar, dürfte aber älter sein, schon wegen der wichtigen Verbindung zum Bodensee über die Obere Argen. 1333 besaß das Kloster Mehrerau, in der Nähe von Bregenz, Güter in Hiltensweiler und der Zehnte ging bis 1465 an das Kloster Petershausen (Abb. 6) auf der rechten Rheinseite bei Konstanz.

Klaus Halder, Patrizier zu Wangen, erwarb im Jahre 1436 Mollenberg mit der Lerchenmühle und Zinsen zu Hiltensweiler und Neuravensburg.

Graf Ernst zu Montfort (reg. 1733 - 1755), vorletzter Herr zu Tettnang, beurkundete 1741 für Hiltensweiler  eine „Dorfordnung zur bäuerlichen Selbstverwaltung unter montfortischer Obrigkeit“ (Abb. 7 - 8). Graf Ernst war es auch, der trotz finanzieller Schieflage der Grafschaft, noch 1754 das Schloss Schomburg auf der rechten Seite der Unteren Argen, zum Sommersitz ausgebaut und mit verschiedenen Gebäuden umgeben hat.

Auf der durch Hiltensweiler führenden alten Heer- und Handelsstraße von Memmingen nach Lindau, mit dem Nadelöhr alte Holzbrücke über die Obere Argen, wurde 1616 ein Reichspostcours der fahrenden Post eingerichtet, der bis 1730 bestand. Auch ist 1693 von einem Postweg und Brückenzoll bei Hiltensweiler die Rede. 1732 will Montfort das Weggeld zu Hiltensweiler erhöhen. Es beträgt nach Ordnung von 1658 sechs Kreuzer bei 3-5 Rössern, vier Kreuzer bei 2 Rössern und wird von dem „bestellten Wegmacher“ zu Hiltensweiler eingezogen.

Zwischen den beiden Wirtshäusern, bei der Brücke und der Capellen Halde, befand sich noch bis vor wenigen Jahren eine über 300 Jahre alte Schmiede, die bis 1941 in Betrieb war (Abb. 5). Die von der Oberen Argen angetriebene Mahl- und Sägemühle, unweit der alten Holzbrücke, ist auf der Urkarte von 1825 vermerkt (Abb.4).

 

Quellenverzeichnis:
Oberamtsbeschreibung Tettnang 1838/1915
Oberamtsbeschreibung Wangen 1841
Matthäus Merian - Kloster Petershausen (Ausschnitt) - Kupferstich Topographia Schwaben 1643
Westallgäuer Heimatblätter - Weiler/Allgäu 1930
Bildnachweis Zeichnung Holzbrücke: LAD Baden-Württemberg/Scheidgen 1935
Chronik: "Bäuerliche Selbstverwaltung unter spätmontfortischer Obrigkeit"
- Herausgeber Bürgermeisteramt Tettnang/Stadtarchiv Tettnang 1989
- Gisela Miersch - Bleistiftzeichnung "Alte Schmiede" Hiltensweiler 1989
Vermessungsamt Ravensburg
Abb. 1&2 - Fotos: Dieter Horn

HOCHBÜHL

HOCHBÜHL

Als „Burgstall ufm Heunenbüchel“ wird Hochbühl 1693 in einem Urbar (Verzeichnis) erwähnt. Über eine ehemalige Burg und deren Geschichte ist nichts bekannt und ob ein H. de Bruningswilare, wie in einer Urkunde aus dem Jahre 1248 ersichtlich, mit Hochbühl in Zusammenhang gebracht werden kann, ist mehr als fraglich. Die Voraussetzungen für einen Stauweiher in Verbindung mit dem Tobelbach waren sehr günstig und so dürfte der Weiher bereits schon im Mittelalter angelegt worden sein und den Herren von Schomburg und auch den Grafen von Montfort als Fischwasser gedient haben. Einen stummen Zeugen aus der alten Staumauer, in Form eines Findlings (90x60 cm Abb. 10), gibt es noch heute. Der Weiher erstreckt sich über eine Länge von ca. 80 m und einer Breite von ca. 60 m. Am Damm ist die tiefste Stelle mit ca. 2,60 m angegeben (Abb. 12).

Im Jahre 1780 wurde der Stauweiher erstmals mit einer Ölmühle in Betrieb genommen. Als Eigentümer wird 1825 ein Matthias Harrer erwähnt, der noch eine Stampfmühle in Betrieb nahm. Der Antrieb erfolgte über ein oberschlächtig angetriebenes Wasserrad mit einem Durchmesser von 3,80 m.    

1830/40 führt die Witwe des Matthias Harrer die Ölmühle mit Knochenstampfe weiter. 1871 ist Wendelin Rädler Besitzer der Ölmühle mit Acker, Wiese, Nadelwald, Weiher, Mühlgraben und Weg. 1872 erbaut er ein Wohnhaus und 1873 wird in einer Kataster- Messurkunde die Ölmühle zum letzten Mal erwähnt, während die Knochenstampfmühle weiter in Betrieb ist. Eine um 1900 erbaute Brunnenstube lässt darauf schließen, dass Hochbühl über eigenes Wasser verfügte. In den folgenden Jahren bis 1911, ist die Knochenstampfe weiter in Betrieb. Zur gleichen Zeit wurde bereits schon eine von Xaver Rädler mechanische Schreinerei betrieben. Der Antrieb erfolgte weiter über das bestehende Wasserrad. 1912 führt Xaver Rädler die Schreinerei weiter und saniert Wohnhaus mit Radschuppen.

Michael Titscher, 1887 in Reichenhofen bei Leutkirch geboren, heiratete 1919 Maria Rädler. Sie führten nun die Schreinerei gemeinsam weiter. Im Zeichen der Industrialisierung wurde Anfang der 1920er Jahre über eine effektivere Antriebskraft mit Wasser nachgedacht. Dabei fiel die Wahl auf eine FRANCIS-Spiralturbine (Abb. 6), die Frau Maria Titscher, geb. Rädler, im Jahre 1925 erwarb. Nach dem ganzen Genehmigungsverfahren konnte die Saug- und Druckturbine Anfang 1927 in Betrieb genommen werden. Sie nahm über eine Gefällstrecke von 7,20 m rund 26,8 Ltr./sec. auf, was für eine Betriebsstunde etwa 96480 Liter waren. Laut weiteren Konstruktionsdaten erzeugte sie Kraft von 1,7 PS (Nutzeffekt) bei 705 Umdr./min. (Plan Abb. 5) Über die Transmission konnten alle vier Maschinen gleichzeitig eingesetzt werden, da der Leistungsbereich einer Wasserturbine sehr groß war.

Auf dem Grundstück der ehemaligen Ölmühle entsteht 1933/34 ein neues Wohnhaus (Abb. 3) mit Werkstatt und aus Platzgründen, wegen ungeeignetem Baugrund im engen Tobel, auf dem Weiher der dringend benötigte Materialschuppen (Abb. 11).

Die ältesten Holzbearbeitungsmaschinen waren eine Bandsäge aus dem Jahre 1890, danach folgten eine Hobelmaschine Baujahr 1926, eine Fräsmaschine in Kombination mit einer Kreissäge aus dem Jahre 1930 und als jüngstes Mitglied, ein Bandschleifer aus dem Jahre 1935. Bis vor wenigen Jahren (2009) konnten die Maschinen gleichzeitig, wie bereits erwähnt, eingesetzt werden und funktionierten einwandfrei (Abb. 7&8). 1946 wurde ein von der Firma Escher-Wyss in Ravensburg hergestellter Fallenstock in Betrieb genommen (Abb. 11). Mit dem Verkauf von industriell angefertigten Möbeln, zum Ende der 1950er Jahre, verschaffte sich die Familie ein zweites Standbein. Für entsprechende Ausstellungsräume errichteten sie in Rhein eine Halle, der wenige Jahre später eine zweite folgte. Auch im nahegelegenen, ehemaligen Hof Zwisler wurden Ausstellungsflächen angemietet.

Einige Jahre nach der Neuausrichtung der ehemaligen Schreinerei, verstarb 1967 Michael Titscher. Er hinterließ vier Kinder aus der Ehe mit Maria Rädler. Die Söhne Josef (1921-2014), Michael (1923-1945), sowie die Töchter Maria (1920-2003) und Juliana (1927-2011). Sie waren alle ohne Nachkommen.

Als am 22.11.2014 Josef Titscher verstarb, wurde die Stadt Wangen Alleinerbe und teilte es in verschiedene Vermächtnisse auf, u.a. in eine Bürgerstiftung. In den ehemaligen Möbelhäusern in Rhein befinden sich inzwischen das Museumsdepot, der Bauhof Schomburg und ein Gewerbebetrieb.

 

Quellenverzeichnis:
Vermessungsamt Ravensburg Urkarte 1825
Oberamtsbeschreibung Tettnang 1838/1915
Roland Manz - Wassertriebwerke am Gewässersystem Argen 2016
Abb. 5-12 - Fotos: Dieter Horn

HOCHBURG

HOCHBURG

Mit der etwa um 1200 erbauten Turmburg und einer urkundlichen Erwähnung aus dem Jahre 1229 (Abb. 1) erscheinen zum ersten Mal ein Gozwinus de Scowenburc mit seinen zwei Söhnen als Zeugen. Die Herren von Schomburg gehörtem dem niederen Adel an, der überwiegend diese kleinräumigen Wohn- und Festungsanlagen bewohnte, ähnlich Oflings oder Haldenberg bei Deuchelried. Ihre Burg stand unweit von Ettensweiler (Abb. 4) westlich auf einem zur Unteren Argen hin steil abfallenden Hügel, der heutigen Parzelle Hochburg (Abb. 5). Sie unterstanden ursprünglich als Ministeriale dem Kloster St. Gallen, jedoch etwa ab 1250 den Grafen von Montfort-Tettnang bzw. durch Erbteilungen
den Grafen von Montfort-Bregenz. Der Letzte seines Geschlechts, ein Cunz von Schowenburch, wird um 1400 in einem Einkünfteverzeichnis erwähnt. Ab dieser Zeit treten die Herren von Schomburg nicht mehr in Erscheinung. Danach zerfiel auch die Burg und 1515, als „die alte Schomburg“ (Burgstall) bezeichnet, lässt daraus schließen, dass inzwischen das neue Schloss rechts der Unteren Argen entstanden ist. Auf der Landtafel des Andreas Rauch, übrigens die einzige Ansicht der Burg aus dem Jahre 1617, ist die Ruine gut zu erkennen (Abb. 2) und von Eugen Felle (1869-1934) Postkartenmaler aus Isny im Allgäu, stammt die Zeichnung der Ruine aus dem Jahre 1930 (Abb. 3).

Laut einem Urbar aus dem Jahre 1693 bewohnte ein Forstgehilfe den nahe bei der ehemaligen Burgruine gelegenen Hof (Abb. 6) und 1915 waren es 11 Personen auf Hochburg. 1828 kommt die Parzelle von Niederwangen an Primisweiler. Heute ist nichts mehr zu sehen.


Quellenverzeichnis:
Hauptstaatsarchiv Stuttgart – Signatur B 523 U 3159
Dr. Albert Scheurle – Chronik Wangen im Allgäu 1950
Stadtarchiv Wangen – Ausschnitt Landtafel Andreas Rauch 1617
Oberamtsbeschreibungen Tettnang 1838/1915
Ernst Wespel –  Festschrift MK Primisweiler 1965
Vermessungsamt Ravensburg
(Mehr unter Schomburg Geschichte „Die Ritterherrschaft Schomburg)
Abb. 5-8 – Fotos: Dieter Horn
 

KERNATEN

KERNATEN

Der sich öfters in verschiedenen Schreibweisen wiederholende Name Kernaten, 1387 erstmals erwähnt als Kemnaten (Kemnat), 1608 Kennaten, Kemmnate und 1693 Kernathen in einem Schomburger Urbar (Verzeichnis über Besitzrechte einer Grundherrschaft), hat die Bedeutung von Kammer, Wohnung, Haus, und wurde besonders von einem festeren Hause gebraucht, einem Mittelding zwischen Burg und Haus (OAB BC 1837 S. 121).

Nordöstlich von Kernaten, etwa in der Mitte der Anhöhe Wielats, senkte sich vor einigen Jahren die Erde auf einer Fläche von ca. 4x4 m ab, wobei ein Hohlraum mit Mauerresten sichtbar wurde. Es ist durchaus möglich, dass es sich, wie bereits erwähnt, um so ein „Mittelding zwischen Burg und Haus „ gehandelt haben könnte, und Kernaten so zu seinem Namen kam. Als Kemenate wird auch ein beheizter Raum in einem festen Hause bezeichnet.

Der vermutlich älteste Bauernhof in Kernaten, ein sogenanntes Wohnstallhaus oder Eindachhof (Abb. 3-4) wurde bis zu seinem Lebensende von Josef Heine bewohnt, der sein gesamtes Vermögen nach seinem Ableben einer Bürgerstiftung der Stadt Wangen im Allgäu vermachte. Ursprünglich befand sich dieses Haus in Rhein, das aber durch eine Translozierung (Verfahren der Gebäudeversetzung) um ca. 1763 nach Kernathen versetzt wurde.

Die damals noch eigenständigen Gemeinden Rhein und Kernathen verfassten am 26. Februar 1763 ein Protokoll mit Besitzern von Wiesen und Feldern beider Gemeinden, um Geh- und Fahrrechte „wegen einigen Straßen“ zu klären (Abb. 1&2).

Im Jahre 1795 reichte Josef Harrer ein Gesuch beim Oberamt Tettnang ein, um Bewilligung einer Ölmühle, deren Existenz in der OAB TT von 1838 bestätigt wird. Später kam noch eine Hanfbleiel dazu.

Bis etwa 1897 überspannte eine Holzbrücke die Untere Argen, die 1898 durch eine moderne Spannbetonbrücke ersetzt wurde. Um den Vormarsch der Franzosen aufzuhalten, sprengte die Wehrmacht im April 1945 die Brücke. Bis zu einem Neubau überspannte eine provisorische Hängebrücke die Untere Argen bis 1951 (Abb. 5-8).

 

Quellenverzeichnis:
Prothokolls Extract 1763 (Josef Heine)
Oberamtsbeschreibung (OAB) Tettnang 1838/1915
Oberamtsbeschreibung Biberach 1837
Ernst Wespel - Festschrift Musikkapelle Primisweiler 1965
Abb. 1-4 & 8 - Fotos: Dieter Horn

MITTENWEILER

MITTENWEILER

Erstmals erwähnt 1290 als MITERWILLER und 1320 MITTENWILLER. Bis 1937 gehörte auch Mittenweiler, dass nahe an der Oberamtsgrenze Wangen liegt, zum Oberamt Tettnang. Laut Kaufvertrag von 1408 erwarb die Familie Siber, reiche Kaufleute aus Lindau, die Herrschaft Schomburg, die sie über 100 Jahre besaßen (Abb. 1). Einen Hof in Mittenweiler kauften sie im Jahre 1456 und erwarben außerdem den großen und den kleinen See zu Primisweiler, womit nur der Mittelsee und der Obere See gemeint sein können, denn nur diese beiden Seen haben wie damals, so auch heute, noch keine eigenen Namen, sondern werden nur nach ihrer Lage im Gelände benannt (Abb. 2&3). Die Siber versuchten damals den Obersee zu schwellen. Durch die fortschreitende Verlandung wurde dieses Vorhaben allerdings wieder aufgegeben und wir sehen heute ein stimmungsvolles Ried.

Bereits 1843 wurde in Mittenweiler, an der Landstraße von Wangen nach Tettnang gelegen, eine Schankwirtschaft erwähnt, die 1954 Johann Endres übernahm und fortan als Gasthaus „Zum Löwen“ führte.  1977 stellte man den Betrieb ein (Abb. 4).

Quellenverzeichnis:
Oberamtsbeschreibungen Tettnang 1838/1915
Wappen der Siber – In der Grub 28 - Lindau
Vermessungsamt Ravensburg
Ernst Wespel - Festschrift Musikkapelle Primisweiler 1965
Abb. 1&3 – Fotos: Dieter Horn
 

PFLEGELBERG

PFLEGELBERG

Östlich von Pflegelberg, im Bereich der L 333, finden wir in alten Flurkarten die Bezeichnung „Im Appenweiler“, was auf eine Wüstung hindeutet und mit einem abgegangenen Dorf namens HADDINWILARE in einer Schenkungsurkunde aus dem Jahre 773 an das Kloster St.Gallen in Verbindung gebracht werden kann. Dieses Dorf erscheint 815 nochmals mit einer Schenkung an das Kloster „et I. SILVAM INTER DUO FLUMINA SITAM“ (und einem Wald zwischen zwei Flüssen gelegen), wobei mit großer Wahrscheinlichkeit der Wald gemeint sein könnte, der sich von der Unteren Argen zwischen Pflegelberg und Teufelssee (früher Tüflisee genannt) nach Süden über den Klingelberg bis zur Oberen Argen erstreckt (Abb. 1). Auch wird in dieser Urkunde (815) UUANGUN (Wangen) erstmals genannt.

Westlich des Argenzusammenflusses, auf einer zu den Flüssen hin steil abfallenden Anhöhe, stand einst die um 1200 erbaute Burg der Herren von Phlegelberc (Züricher Wappenrolle 1335 und Reste der Burg (Abb. 3&4). Sie gehörten dem niederen Adel an und standen nachweisbar von 1237-1356 in Diensten der Grafen von Montfort. Im Jahre 1224 gründete Abtessin Offemia von Pflegelberg ein Franziskanerkloster in Lindau. In der ehemaligen Klosterkirche, im Laufe der Jahrhunderte mehrmals zweckentfremdet, befindet sich seit 1951 das Lindauer Stadttheater.

1237 übereigneten die Ritter Ulrich, Burchard und Friedrich Güter an das Kloster Weißenau, 1279 machte Friedrich eine Schenkung an das Kloster St. Gallen und von 1313-1332 ist ein Mangold von Pflegelberg Seelsorger der Pfarrgemeinde Goppertsweiler. 1305 wird eine Mia von Pflegelberg als Stiftsdame des Kanonissenstifts „Unserer lieben Frau unter den Linden“ erwähnt. Das Stift, um 822 gegründet, gilt als die Urzelle der Stadt Lindau und beherbergt heute das Landratsamt.  

Zum letzten Mal erscheint das Geschlecht in Urkunden aus dem Jahre 1335. Ludwig von Praßberg ist 1355 im Besitz der Burg, verkaufte sie aber mit allen Gütern weiter, bis die Herrschaft im Jahre 1380 schlussendlich an das Kloster Weingarten fiel. Im Zuge der Säkularisation 1803 verlor das Kloster alle Besitzungen an das Haus Nassau-Oranien, das jedoch bereits 1804 durch Vertrag die Güter an Österreich abtrat.

In einer Chronik aus dem Jahre 1554 wird in der OAB Tettnang festgehalten „... von Niederwangen die Landstraß herab bis gen Feld, alsdann die ander Landstraß angenommen gen Breinischweiler, von da den Fußsteig hinab zum Engelitz an Steg.

Um 1600 und 1720 musste die Pflegelberger Brücke neu gebaut werden, da sie durch Hochwasser zerstört wurde. Das 1714 errichtete Zollhäuslein verlegte man 1747 auf das rechte Ufer, „sammt einem Gras- und Mangoldgärtle“, und erstellte daneben ein herrschaftliches Fischerhaus. Ab 1780, nach dem Verlust der Grafschaft Montfort mit Schomburg an Österreich, zog ein Zöllner namens Anton Häfele für Wien den Brückenzoll ein. In der Zeit zwischen 1787 und 1805 musste die Pflegelberger Brücke erneut repariert werden und am 17. Juli 1883 zerstörte ein Feuer den hölzernen Oberbau, deren Erneuerung bis 1885 mit Eisenteilen erfolgte (Abb. 5). Im Jahre 1963 erbaute man die erste Brücke in Spannbeton.
 
Die Wirtschaft „Zum Löwen“, auf der linken Seite der Argenbrücke gelegen, war mit allen Liegenschaften ursprünglich ein Bauerngut und urkundlich bereits schon seit 1670 erwähnt. Als im Jahre 1842 durch das Oberamt Tettnang die Konzessionsnachweise der Gasthäuser allgemein nachgeprüft wurden, konnte der damalige Wirt Josef Anton Häfele wenigstens durch das mündliche Zeugnis alter Bürger beweisen, dass sein Schankrecht schon unter Bayerischer Oberheit (1805-1810) bestanden habe. Da das Bauernhaus einsam an der Kreuzung von vier Straßen lag und besonders während den Napoleonischen Kriegen (1796-1800) der Wagenverkehr über die Brücke sehr lebhaft war, lag es nahe, dass die häufige Nachfrage nach Erfrischungen und Vorspann zum regelmäßigen Schankbetrieb und in der Folge zur amtlichen Bestätigung der Konzession führte. Im Jahre 1860 eröffnete im „Löwen“ eine Bäckerei, die 1912 mit dem gesamten Anwesen an Fidel Breg von Oberrussenried verkauft wurde. Am 25. Oktober 1916 brannte die Wirtschaft bis auf die Grundmauern nieder und wurde vergrößert wieder aufgebaut. Breg verkaufte 1931 das Gasthaus samt Felder an Anton Pfleghar aus Schlier-Albisreute, dessen Familie noch bis vor wenigen Jahren den „Löwen“ weiterführte (Abb. 6).

Die Papierfabrik Baienfurt erstellte im Jahre 1892 eine mit Wasserkraft angetriebene Holzschleiferei. In den hierfür benötigten Stauweihern wurden 1926 erstmals Forellen eingesetzt. Dies war der Beginn der Forellenzucht in Pflegelberg. Die Holzschleiferei wurde 1929 verkauft und zu einem E-Werk umgebaut (Abb. 7&8).

Quellenverzeichnis:
Stiftsarchiv St. Gallen – Signatur Cod_61_p_32 (773)
Stiftsarchiv St. Gallen – Signatur Urkunde II 5 (815)
Hauptstaatsarchiv Stuttgart - Katasterpläne Signatur B 61 IV Bü 34
Liber decimationis Konstanz 1275
Wappen der Herren von Pflegelberg – Wappenrolle von Zürich 1335
Pfarrer Eugen Drexler – Geschichte der Gastwirtschaften in Goppertsweiler 1934
Oberamtsbeschreibung Ravensburg 1836
Oberamtsbeschreibungen Tettnang 1838/1915
Günther Bradler – Studien zur Geschichte der Ministerialität in Oberschwaben 1973
Gebhard Beck – Goppertsweiler Dorfchronik und Heimatbuch 2000
Vermessungsamt Ravensburg - Urkarte Appenweiler 1825
Kreisarchiv Bodenseekreis
Abb. 1-4 – Fotos: Dieter Horn
 

RHEIN

RHEIN

„Reine“ wurde um 1290 erstmals erwähnt, dürfte aber älter sein. Bereits 864/870, wie aus Urkunden der Abtei St. Gallen ersichtlich, befand sich nördlich von Rhein ein Dorf, vermutlich auf Höhe der heutigen Straßengabelung nach Kernaten und Hochbühl, mit dem Namen RECKHETSCHWEILER (Ruadgozzeswilare) das in einem Urbar (Verzeichnis) aus dem Jahre 1693 als Flurbezeichnung bei Rhein angegeben wird.

Am 28. März 1322 vermachte der Edelknecht Manzo de Schowenburc an das Kloster Weingarten seine Güter zu Haslach und ein „Gut uf dem Rain“ (Abb. 1). Anm.: Ein Edelknecht ist ein ausgebildeter Ritter, der noch nicht zum Ritter geschlagen wurde. Nicht alle Edelknechte wurden auch Ritter, denn solche vom niederen Adel konnten es sich nicht immer aus finanziellen Gründen leisten, in den Ritterstand erhoben zu werden.

Beim Verlegen der Rohre für die Wasserversorgung stieß man 1914 auf eine befestigte Straße, die wahrscheinlich von den Römern angelegt wurde und auch in einem Urbar von 1693 als Landstraße vermerkt ist. Nach Aussagen älterer Bewohner soll sich noch ein weiterer Teil einer Römerstraße zwischen Rhein und Ettensweiler auf Höhe des Bachtobels befinden.

Östlich von Rhein, zwischen den Waldungen Horaz, Hochholz und Birkenschachen, befand sich der in der Urkarte von 1825 eingetragene „Rheiner Weiher“, eines der letzten Relikte der ehemals ausgedehnten Weiherlandschaft im
Mittelalter (Abb. 2). Im Jahre 1515 hatten die Grafen von Montfort-Tettnang 26 Weiher in eigener Nutzung die, außer dem eigenen Verbrauch, noch einen stattlichen Ertrag abwarfen. Es war ein sehr lukratives Geschäft, denn im Jahre 1548 schließt der Graf von Montfort mit einigen Überlingern (!) einen Vertrag über den Verkauf seiner Fische auf drei Jahre ab.

In Rhein befand sich noch bis vor wenigen Jahren die „Sonne“, eine alte Schildwirtschaft, die bereits in der Oberamtsbeschreibung von Tettnang 1838 erwähnt wird. Eine Sommerkegelbahn auf der gegenüberliegenden Straßenseite bestand bis zum Jahre Jahre 1931 (Abb. 3).

Einen Riesennussbaum von 1,60 Meter Durchmesser am Wurzelstock wurde im Juni 1933 in Rhein bei Primisweiler vor dem Hause des G. Dürrenberger gefällt. Das Alter des Baumes wurde auf mindestens 250 Jahre geschätzt. Der kerngesunde, wertvolle Nussbaum ergab etwa 7 Festmeter Sägeholz. Eine Seltenheit! (Abb. 4)

Quellenverzeichnis:
Stiftsarchiv St. Gallen - Chartularium Sangallense e-chartae
Hauptstaatsarchiv Stuttgart - Urkunde 1322 -  Signatur B 515 U 618
Oberamtsbeschreibungen (OAB)Tettnang 1838/1915
Vermessungsamt Ravensburg – Urkarte 1825
Argenbote Wangen vom 17. Juni 1933 – Foto: Fießinger Neuravensburg